Vielfach wird bei direkter Demokratie das Thema Volksbefragungen genannt, diese lehne
ich zwar nicht generell ab, ich halte sie aber auch nicht unbedingt für besonders
Zweckmäßig.
- Dort wo es sie gibt, also z.B. Kommune oder Bundesland wird dieses Element kaum
genutzt. Siehe dazu auch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Plebiszite_in_Deutschland#Bundesrepublik_Deutsc hland_nach_der_Wiedervereinigung_(seit_1990)
https://nrw.mehr-demokratie.de/themen/volksentscheid/archiv/volksinitiativen/
- Ich weiß nicht mehr genau was es war in Düsseldorf, das Victoria Hochhaus oder der
Jan Wellem Platz. Auf jeden Fall lagen Flyer im Briefkasten "CDU empfiehlt nein", "SPD
empfiehlt ja" usw. das Ergebnis entsprach doch weitestgehend der Kommunalwahl. Und
auch sonst so stelle ich durchaus in Frage, ob der Bürger unabhängig von
Beeinflussungen abstimmen würde.
- Über was dürfte und könnte überhaupt entschieden werden? Ist das dann rechtlich
bindend oder nur eine beratene Funktion, siehe Brexit.
- Ich sehe es mittlerweile nicht mehr als gegeben, dass das Ergebnis dann auch
demokratisch getragen würde. D.h. wie verhält sich die Fraktion ind der Bevölkerung, die die Volksbefragung
angestoßen hat und unterliegt?
- komplizierte Fragen, Fragen die nicht mit einem Ja oder Nein beantwortet werden
können usw.
Ich würde als Alternative vorschlagen auch Bürgerräte verstärkt einzuführen, auf welchen
Ebenen (Kommune, Land, Bund) und ob beraten oder bindend muss hierbei aber noch
erarbeitet werden, da bin ich mir nicht ganz so sicher.
Wie funktionieren Bürgerräte?
- Es werden innerhalb bestimmter Gruppen zufällig eine bestimmte Anzahl Bürger
ausgewählt. Unter Gruppen verstehe ich hier demografische Gruppen wie Alter,
Einkommen, Beruf, Bildung, Geschlecht, Ethnie usw. so das der Bürgerrat möglichst
repräsentativ ist.
- Der Bürgerrat trifft sich und entscheidet dann über eine eingebrachte Frage. Z.B. könnte
der Bundestag einen Bürgerrat einberufen.
- Diesem Bürgerrat sollten dabei die selben Wissensquellen zu Verfügung stehen wie den
Politkern, auf Bundesebene also z.B. dem wissenschaftlichen Dienst des Bundestages.
- Entscheidungen die alleine aufgrund der Parteizugehörigkeit getroffen werden oder eine
Beeinflussung von Außen werden so vermieden.
weiter führende Links:
https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCrgerrat_Demokratie
https://www.zeit.de/politik/2020-10/buergerraete-demokratie-buergerbeteiligungparlamentarisch-wolfgang-schaeuble-legitimationskrise-misstrauen-politikverdrossenheit
Hallo Peter,
eine solche Initiative gibt es bereits bei Extinction Rebellion durch die Forderung nach Bürger*innenversammlungen. Diese Zielsetzung kann man als eine Vorstufe zur direkten Demokratie erachten, die vor allem für den deutschen Michel wichtig ist, um sich wieder daran gewöhnen zu können, was es heißt mitzureden und die Gesellschaft zu gestalten. Spätestens mit der Reformation sind die Deutschen durch die strenge calvinistische Politik der Preußen in eine Obrigkeitshörigkeit geraten, die sich durch die Industrielle Revolution und die Ausbildung eines "liberalen" Kapitalismus weiter vertieft hat. Daher ist jede Übung in direkter Demokratie für die Deutschen sehr wichtig, darf aber nur ein Teil einer heute immer notwendiger werdenden außerparlamentarischen Agenda in Deutschland sein, die sich anschickt die Kultur „von Unten“ zu erneuern.
Der Mensch hat im Grunde bereits vor 5000 Jahren mit der Erfindung der Sklaverei und der Ausbildung einer Herren-Diener-Sklaven-Standeskultur einen religiösen, politischen und ökonomischen Irrweg beschritten, dessen destruktive Folgen sich bis heute immer weiter potenziert haben, nicht zuletzt, durch die Übermacht "des Marktes" die sich durch die Industrielle Revolution und durch den "liberalen" Kapitalismus bis heute entwickelt hat. Solange daher ein kulturelles Primat der Ökonomie besteht, wie dies heute der Fall ist, gegen das sich weder die Wissenschaft (scientists for future) noch auch die Politik oder die Religion durchsetzen kann, ist und bleibt ein Bürgerrat alleine in der Gefahr zu einem Alibi und zu einem Papiertiger einer neoliberalen Agenda zu werden.
Daher geht mein Ansatz dahin, den Bürger insbesondere durch einen neuen Blick auf die Kulturgeschichte in einer generellen Weise mental zu stärken, damit er konsequent in seinen Anliegen bleiben und sich klar darüber werden kann, inwiefern er sich selbst mit einem "normalen" Kulturverhalten selbst schadet, bzw. im Weg steht. Weitere Informationen zu diesem Ansatz findet ihr in den Auszügen des ersten Buchkapitels auf meiner Internetseite www.die-geschichte-der-modernen-lohnsklaverei.de und in den Auszügen zum zweiten Buchkapitel auf der Internetseite: www.die-erlösung-von-der-unerträglichen-standeskultur.de
Hallo,
dem Einsatz von Bürgerräten kann ich nur zustimmen. Als zusätzliche Instanz können sie die Parlamente bereichern und erfahren mitunter ihre eigene Selbstwirksamkeit. Ich selbst habe an einem solchen Versuch in Berlin Tempelhof teilgenommen.
Über die Meldebehörde wurden Personen für eine einmalige Durchführung aus verschiedenen Kategorien (Alter, Geschlecht, Bildungsstand, Nationalität, etc.) ausgewählt und angeschrieben. Durch gemachte Zusagen hat sich die Gewichtung der Kategorien verschoben; es kam zu einer höheren Zahl von Personen im mittleren und höheren Alter, einem höheren Bildungsabschluss sowie fast ausschließlich deutschen Mitbürgern ohne Behinderung. Das Geschlechterverhältnis war ausgeglichen. Es handelte sich um lokale Themen wie Verkehr, Stadtbegrünung, Teilhabe, familiäres Leben, Kultur, Verwaltung. Die Ergebnisse waren für den Bezirk nicht bindend, mussten aber bei Ablehnung begründet werden.
Die Erfahrungen waren durchweg positiv; der Prozesses wurde sehr straff moderiert, die Redebeiträge zeitlich begrenzt und durch hohen Respekt gekennzeichnet. Das Ergebnis war erwartungsgemäß nicht überwältigend, doch wurden viele Anregungen in Richtung Verwaltung gegeben, die auch aufgegriffen wurden. Die Gruppe der Räte bekam einen tieferen Einblick in die Strukturen der Bezirksverwaltung und könnten, wenn gewollt, ihre Forderungen bei den angegebenen Stellen weiter verfolgen.
Bürgerräte sind zwar kein Wundermittel, doch könnten sie bei dauerhaftem Einsatz je nach Themenstellung die Verwaltung erheblich unter Druck setzen. In regionalen Einsätzen oder auf Bundesebene müssten vielleicht andere Verfahren als im lokalen Raum gefunden werden. Es gibt ein Vorbild aus Irland (s. angehängten Text).
Gegen Volksbegehren bin ich nicht grundsätzlich, nur dann, wenn Parteien sie in Gang setzen. Dieses Verfahren müsste Bürgern vorbehalten bleiben. Als besonders negatives Beispiel bleibt mir das Brexit-Verfahren in Erinnerung.
Aufstehen als BürgerInnen-Bewegung täte gut daran, aktiv und engagiert für mehr Bürgerbeteiligung zu kämpfen.
Leider ist die Broschüre nicht angehängt worden. Vielleicht funktioniert der Link: https://www.buergerrat.de/fileadmin/downloads/broschuere_buergerrat.pdf
Hiermit erkläre ich meine Bereitschaft in der AG Demokratie und Lobbyismus mitzuarbeiten. Habe Euch schon eine Mail geschrieben, nehmt mich bitte in den Emailverteiler auf